Sittenwidrige Rentenimmobiliengeschäfte werden vermutet, insbesondere die verwerfliche Gesinnung des Käufers, wenn ein besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung (Rente und Grundstückswert) besteht.
Diese offensichtliche Sittenwidrigkeit kann nach einem Urteil des BGH vom 19.07.2002 (V ZR 240/01) erschüttert werden, wenn sich die Vertragsparteien in sachgerechter, eine Übervorteilung regelmäßig ausschließender Weise, um die Ermittlung eines den Umständen nach angemessenen Leistungsverhältnisses bemüht haben.
In dem vom BGH zu entscheidendem Fall hatte der Verkäufer der Immobilie eine Leibrente erhalten und einen Barpreis. Aufgrund der Sittenwidrigkeit, die er annahm, verklagte er den Käufer auf Wiedereintragung als Eigentümer der Grundstücke im Wege der Grundbuchberechtigung. Hier sei das Grundstück an ihn aufzulassen, Zug um Zug gegen Rückzahlung der Leibrentenbeträge und demBetrag, den er erhalten hat.
In der I. und II. Instanz hatte der Käufer der Immobilie den Rechtstreit verloren. Der BGH hat die Ansicht vertreten, dass ein nach § 138 I BGB nichtiges Geschäft nicht vorliegt. Der BGH führt auch nochmals ausdrücklich aus, dass zwar generell ein auf den entgeltlichen Erwerb eines Grundstücks gerichtetes Rechtsgeschäft, das den Wuchertatbestand des § 138 Abs. 2 BGB nicht in allen Punkten erfüllt, auch dann gegen die guten Sitten verstoßen und damit nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein, wenn ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht und weitere Umstände hinzutreten, insbesondere der Begünstigte aus verwerflicher Gesinnung gehandelt hat (vgl.
nur Senat, BGHZ 146, 298, 301).
Der BGH weist darauf hin, dass für das wucherähnliche Geschäft auch subjektive Merkmale entscheidend sind.
Der BGH führt aus, dass die Vermutung der Sittenwidrigkeit durch besondere Umstände erschüttert sein kann und damit nicht die Schlussfolgerung auf eine verwerfliche Gesinnung eröffnet wird. Solche Umstände, so der BGH, können sich namentlich aus sachgerechten, einer Übervorteilung regelmäßig ausschließenden Bemühungen zur Ermittlung eines den Umständen nach angemessenen Leistungsverhältnisses ergeben, wie hier bei einem (fehlerhaften) Verkehrswertgutachten als Grundlage bei Kaufpreisermessung.
Der BGH hat die Nichtigkeit des Vertrags abgelehnt, weil, wie oben ausgeführt, der Verkäufer durch einen Anwalt sogar noch vertreten war und der Verkäufer sich nicht nur wegen einer Zwangslage oder einer vergleichbaren Ausnahmesituation, auf das Geschäft mit dem Verkäufer eingelassen hat.
Die Klage des Verkäufers wurde abgewiesen.
Prof. Dr. Volker Thieler